Linke Theorie für Identitäre | Louis Althusser, Ideologie und Ideologische Staatsapparate — Teil 1
Dieser Gastbeitrag von Dimitrij erschien auch auf seinem Blog und wurde mit Genehmigung hier veröffentlicht. Auch die weiteren Teile der großartigen Serie werden hier erscheinen.
Die erste Artikelreihe der hiermit eingeleiteten Serie Linke Theorie für Identitäre behandelt das Werk Ideologie und ideologische Staatsapparate (1970) des französischen Marxisten Louis Althusser (1918 – 1990). Nachdem die Neue Rechte seit geraumer Zeit Antonio Gramsci für sich entdeckt hat, halte ich es für sinnvoll, eine Einführung in das Denken des unter deutschen Neurechten meines Wissens noch weitgehend unbekannten Althusser zu schreiben. Grundlage dieses und folgender Artikel ist die Ausgabe: Louis Althusser (2019). Ideologie und ideologische Staatsapparate. Hamburg: VSA.
Im vorliegenden ersten Teil behandeln wir die Abschnitte Über die Reproduktion der Produktionsbedingungen und Basis und Überbau. Diese umfassen nur die ersten zehn Seiten des Textes, in der vorliegenden Ausgabe die Seiten 37–47. Nachfolgende Artikel werden längere Textpassagen in komprimierterer Form behandeln. Da die Reihe jedoch explizit nicht als Zusammenfassung, sondern als Theorievermittlung für Leser konzipiert ist, die noch wenige oder gar keine Kenntnisse von marxistischer Theoriebildung haben, sind diesem ersten Artikel umfangreichere Erläuterungen zu einzelnen Begriffen beigestellt.
Ich halte die marxistische Theorietradition für eine der stärksten und gleichzeitig fatalsten Schöpfungen des europäischen Geistes. Für sich genommen erlaubt sie eine bestechende Theorie und Kritik der kapitalistischen Gesellschaft. Ihr unvergänglicher Geburtsfehler jedoch und der Grund, warum kein Identitärer oder Patriot sich in der Gegenwart als Marxist begreifen kann, liegt an dem in ihrem Kern bernsteinartig eingeschlossenen Universalismus. Die Theorie großer marxistischer Denker bezieht sich stets auf die Gesellschaft und den in ihr waltenden abstrakten Menschen, nie auf den konkreten Deutschen, Engländer, Franzosen, Russen, etc. Pfeilgiftartig lähmt diese im Marxismus zwangsläufig enthaltene Abstraktion der Ethnopartikularität jede wirksame linke Kritik am Globalismus. Zwar gibt es und gab es stets linksnationalistische Strömungen, und auch die „nationalen Befreiungsarmeen“ verknüpften immer den Marxismus mit der Forderung nach nationaler Selbstbestimmung. Doch lässt sich die ethnokulturelle Identität trotz alledem nicht recht in das marxistische Theoriegebäude einbauen. Sie bleibt somit populistischer Teil der Praxis, wird nie Teil der eigentlichen Theorie; am Ende des Tages betrachtet der marxistische Theoretiker die Welt nicht als Nebeneinander von Völkern und Kulturen, sondern als universellen Klassenkampfplatz. Und doch liefert die Theorie, gewissermaßen als List der Vernunft, selbst die Kritik an jenem eigenen Geburtsfehler. Ziel dieser Reihe ist daher zweierlei: Erstens, Identitären und Patrioten die mächtige Waffe der marxistischen Gesellschaftstheorie an die Hand zu reichen; zweitens, die im Marxismus implizite Kritik an seinen eigenen universalistischen Grundannahmen herauszukehren.
Weltanschauung und Kritik
Wichtig für konservativ und rechts politisierte Leser ist vor allem, eines vorweg zu begreifen: Die verbreitete Polemik, dass Marx (und Marxisten wie Althusser) den Menschen als einen rein interessengeleiteten homo oeconomicus begreifen würden, trifft ihr Ziel in demselben Maße wie sie es verfehlt. Wahr ist daran, was oben schon angeschnitten wurde: Der Mensch erscheint für die Marxisten – wie in der ganzen westlich-universalistischen Denktradition – als abstraktes Gattungswesen, nicht als historisch und identitär verwurzelter Angehöriger eines Volkes; Partikularität besitzt der Mensch erst als Angehöriger seiner Klasse. Trotzdem zielen die meisten marxistischen Theorien nicht auf die Errichtung eines Ameisenstaates ab – im Gegenteil kritisieren sie den Kapitalismus meist gerade deshalb, weil er ein sich in Freiheit und Menschenrechte kleidender Ameisenstaat sei – sondern stets auf eine weltweite harmonische Koexistenz sich frei entfaltender Individuen. Dass diese utopisch-kommunistischen Menschen sich im jetzigen Zustand durch ihnen übermächtig gegenüberstehende ökonomische Strukturzwänge dazu genötigt sehen, als homines oeconomici zu agieren, ist also keineswegs Ziel der utopischen Marxisten, sondern stets Objekt ihrer Kritik. Dennoch bestätigt sich der Vorwurf, die marxistische Theorie würde den Menschen auf sein ökonomische Handeln reduzieren, in der Realität aller realsozialistischer Experimente: Anstatt den propagierten Zustand der „wahren“ Freiheit und Gleichheit herbeizuführen, schaffen sie stets nur einen Ameisenstaat ohne bürgerliche Verkleidung. In der Umsetzung der marxistischen Gesellschaftsexperimente erweist sich der universalistische und also nihilistische Geburtsfehler des Marxismus.
Was wir von den Marxisten lernen können, ist ihre kritische Haltung gegenüber allen Institutionen der bürgerlichen Gesellschaft. Beispielsweise gilt die Familie den Marxisten lediglich als Reproduktionsstätte der kapitalistische Gesellschaft, letztlich als Ort, wo jene ihre Arbeiter heranzüchtet. Die Marxisten fordern daher die Auflösung der Familie und die „Vergesellschaftung“ der Kindererziehung im Sozialismus. Wir können den ersten Schritt mitgehen und feststellen, dass der Familie tatsächlich jede über das bloße Heranziehen neuer Arbeitnehmer für den globalisierten Arbeitsmarkt hinausgehende Bedeutung geraubt wurde. Anstatt wie die Marxisten das Heil im Hirngespinst des weltweiten utopischen Kommunismus zu suchen, können wir jedoch auf Basis derselben Kritik an der Familie diese als elementare Institution zur Bewahrung und Weitergabe ethnokultureller Identität reformulieren. Im Grunde kann die marxistische Theorie als Selbstkritik der bürgerlichen Gesellschaft verstanden werden, welche ihren eigenen Anspruch mit ihrer Realität abgleicht. Anstatt wie die Konservativen die Diskrepanz zwischen Anspruch und Realität zu entschuldigen oder schlichtweg zu verneinen, können wir die marxistische Negation in den meisten Fällen lautstark und affirmativ teilen, ihre irrsinnigen Alternativvorschläge jedoch getrost verwerfen und ihnen unser eigenes Idealbild entgegenstellen. Wo wir sie letztlich überwinden müssen und ideell schon überwunden haben, ist ihr nihilistischer Glauben an die Menschheit und an das darin sich verkleidende Telos, die Versprechen der bürgerlichen Gesellschaft gegen ihre eigene Realität in Anspruch zu bringen. Unsere Loyalität gehört alleine unserer Identität, der Fortexistenz unseres Volkes. Ohne weitere Umschweife fangen wir an:
I — Marxistische Grundlagen
Über die Reproduktion der Produktionsbedingungen
Als Marxist betrachtet Althusser die Gesellschaft stets als eine bestimmte Gesellschaftsformation. Diese wird durch die herrschende Produktionsweise und die daraus sich ableitenden Klassenverhältnisse organisiert. Als Ablösung der feudalen Gesellschaft, welche auf unmittelbarer Ausbeutung der Bauern durch Adel und Klerus beruhte, ist die kapitalistische gespalten in eine verhältnismäßig kleine Anzahl Kapitalisten – Besitzer von Kapital – und eine ihr gegenüberstehende große Anzahl Arbeiter – Besitzer ihrer Arbeitskraft, die sie an die Kapitalisten verkaufen müssen. Von anderen Faktoren, etwa der ethnischen Zusammensetzung dieser Gesellschaften, wird fast gänzlich abgesehen. Im Grunde spielt also das, was eigentlich zur Gesellschaft formiert wird, keine Rolle.
Wenn die Produktionsweise für die Gesellschaftsformation ausschlaggebend ist, muss die Frage nach ihren Bedingungen gestellt werden, also etwa der bürgerlichen Rechtsformen oder dem Vorhandensein einer genügenden Anzahl Arbeiter. Als letzte und wichtigste dieser Produktionsbedingungen betrachtet Althusser unter Berufung auf Marx die Reproduktion der Produktionsbedingungen, da ohne sie keine Fortexistenz der Gesellschaft möglich ist.
In der marxistischen Theorietradition spielen hier die Produktionsmittel eine zentrale Rolle, also etwa Maschinen, Werkzeug, Rohmaterial, Energie, im marxistischen Jargon „konstantes Kapital“. Die Reproduktion dieser Mittel geschieht im Wesentlichen auf dem nationalen Markt bzw. dem Weltmarkt. Damit ist ein Prozess der fortschreitenden Globalisierung schon angedeutet, auch wenn auf diesen nicht weiter eingegangen wird. Althusser schreibt dazu:
„Herr X als Kapitalist, der in seiner Weberei Wollstoffe produziert, muss seinen Rohstoff, seine Maschinen usw. ‚reproduzieren‘. Er ist es aber nicht, der sie für seine Produktion produziert, sondern das tun andere Kapitalisten: ein großer Schafzüchter in Australien, Herr Y, ein Großunternehmer der Metallindustrie, der Werkzeugmaschinen herstellt, Herr Z. usw. usf. Diese Herren müssen ihrerseits, um die Produkte zu produzieren, welche zur Reproduktion der Produktionsbedingungen von Herrn X gehören, wiederum ihre eigenen Produktionsbedingungen reproduzieren usw. Dies setzt sich bis ins Unendliche fort […]“ (S. 39)
Neben den Produktionsmitteln muss die menschliche Arbeitskraft, auch Produktivkraft genannt, reproduziert werden. Dies geschieht auf mehreren Ebenen: Die materielle Reproduktion der Arbeitskraft läuft über den Arbeitslohn – zum Erwerb der Lebensmittel, etc. – und die biologische Fortpflanzung der Arbeiter. Althusser schildert dabei, wie die ethnokulturelle Identität der Arbeiter zu einem Managementfaktor unter anderen wird: „Marx hat darauf hingewiesen, dass die englischen Arbeiter Bier und die französischen Wein brauchen“ (S. 41). Solcherlei historisch gewachsene Unterschiede, letztlich Fragen der Identität, werden von Althusser durchaus anerkannt und er selbst kritisiert, dass sie aus der Sicht des Kapitals zum reinen Akzidens der Arbeitskraft verkommen. Außer ihrer materiellen Basis muss die Qualifikation der Arbeitskraft reproduziert werden, dies geschieht wesentlich im Bildungs- und Ausbildungssystem. Hier beschreibt Althusser, wie historische Kulturgüter zu reinen Distinktionsmerkmalen unterschiedlicher Funktionsträger werden, zu „gewisse[n] Arten von Know-how (savoir-faire).“ (S.42) Der einfache Arbeiter muss vor allem Gehorchen lernen, der leitende Angestellte erwirbt neben technischen Fähigkeiten auch die kulturelle Bildung, die seiner hervorgehobenen Rolle entspricht. Was bei Althusser noch relativ konstruiert und wie eine Polemik wirkt – wozu, fragt man sich, sollte ein Manager Goethes Faust kennen müssen – erweist sich dem Betrachter heutiger Lehrpläne als evident: Die dort vermittelte kulturelle Bildung scheint tatsächlich vorrangig der interkulturellen Kommunikation auf dem transnationalen Arbeitsmarkt zu dienen. Hier wie an anderer Stelle entpuppt sich der zynische und letztlich nihilistische Blick des Materialisten als zielsichere Voraussage gesellschaftlicher Entwicklungen.
Zuletzt muss neben Materialität und Qualifikation der Arbeitskraft das reproduziert werden, was Althusser als ihre „Unterwerfung unter die Regeln der etablierten Ordnung“ beschreibt (S. 43), also als Bereitschaft der Arbeiter, einen bestimmten Platz in der gesellschaftlichen Arbeitsteilung für sich zu akzeptieren. Für Althusser, der als Marxist von der grundsätzlichen und systematischen Unterdrückung und Ausbeutung der Arbeiter als weltweiter Klasse ausgeht, kann jede Akzeptanz der Arbeiter gegenüber ihrer Rolle im Produktionsprozess, gar ihr Stolz auf die eigene Arbeit, nur als Internalisierung der eigenen Unterdrückung und Ausbeutung gelten. Was diese Internalisierung in den Köpfen der Arbeiter verursacht, ist für Althusser die herrschende Ideologie. Auf der anderen Seite müssen die Kapitalisten und ihre Agenten – Manager, etc. – diese Ideologie gekonnt „handhaben, um auch ‚durch das Wort‘ die Herrschaft der herrschenden Klasse abzusichern.“ (ebd.) Was genau unter Ideologie und Ideologischen Staatsapparaten zu verstehen ist, wird in den kommenden Artikeln dieser Reihe behandelt.
Basis und Überbau
Althusser ist der Auffassung, dass die Frage nach der Reproduktion der herrschenden Ideologie in der marxistischen Tradition sträflich vernachlässigt wurde. Bevor er sich der Frage nach den Umständen dieser Reproduktion widmet, beschwört er ein in der marxistischen Tradition verbreitetes Strukturbild: Die Gesellschaft als Gebäude mit einem Fundament (Basis) und darüber liegenden Stockwerken (Überbau). Die ökonomische Basis bildet die Einheit der Produktivkräfte und der Produktionsverhältnisse ab, während sich der den Überbau in zwei teilt: Recht und Staat auf der einen Seite und Ideologie auf der anderen. Das Verhältnis zwischen Basis und Überbau ist wiederum dreifach: Erstens ist die Basis die letzte, determinierende Distanz. Zweitens besteht eine relative Autonomie des Überbaus. Drittens gibt es eine Rückwirkung des Überbaus auf die Basis. Das von Althusser gezeichnete Bild eines Gebäudes lässt sich für den heutigen Leser besser (und ergiebiger) wie folgt nachzeichnen:
Metapher P. Dimitrij: Die Gesellschaft erscheint als komplexer Produktionsroboter (man denke an eine automatisierte Fabrik) mit einer Hardware (Basis), auf welcher eine Software (Überbau) mit mehreren Instanzen läuft: Betriebssystem (Recht), Steuerungssoftware (Staat) und Sicherheitsprogramme (Ideologie). Die Hardware ist in letzter Instanz determinierend, d.h. ihre Konfiguration begrenzt die möglichen physischen Aktivitäten des Roboters – im Gegensatz etwa zu einem PC, der nicht für physische Aktivitäten wie Schrauben und Schweißen, sondern für die Operation verschiedener Softwareanwendungen konzipiert ist. Das Betriebssystem liegt unmittelbar auf der Hardware auf und übersetzt deren Aktivitäten und Signale in für die Steuerungssoftware nutzbare Daten. Damit der Roboter seiner durch seine Hardwarekonfiguration determinierten Aufgabe richtig nachgeht (Die Gesellsschaft arbeitet, d.h. akkumuliert Kapital), überprüft diese seine Steuerungssoftware beständig die Parameter seiner Arbeit, z.B. Temperatur und Viskosität der vom Roboter herzustellenden Chemikalie im Falle einer chemischen Fabrik. (Auf die Gesellschaft abgebildet wäre dies etwa der regulierende Markteingriff durch den Staat.)
Jedoch trägt unser Roboter den Makel, selbst aus vielen kleinen Robotern zusammengesetzt zu sein, welche als Produktionsfehler mit eigener, autonomer Software ausgestattet wurden (die menschlichen Arbeiter, mit eigenem Willen versehen) und ihre Existenz nicht notwendigerweise dem jeweiligen Funktionieren im Produktionszusammenhang widmen wollen. Damit die autonomen Operationen dieser Untereinheiten nicht den Gesamtprozess behindern, oder sich die kleinen Roboter gar ihres gemeinsamen Interesses bewusst werden und das Gesamtsystem zu ihrem nutzen umfunktionieren (Kommunismus), muss das Gesamtsystem beständig ihre Unterwerfung unter den Produktionsprozess sicherstellen. Die Steuerungssoftware (der Staat) könnte hier zu radikalen Mitteln greifen, indem sie beispielsweise mit extra dafür angebrachten Hardware-Armen die rebellischen Untereinheiten schlicht aus dem Gesamtsystem entfernt und in containment areas sperrt (Gefängnisse, Arbeitslager, etc.). Um solche invasiven Eingriffe in den eigenen Funktionszusammenhang zu minimieren, arbeitet jedoch eine Reihe Sicherheitsprogramme, die besser als Konsensprogramme (Ideologe) bezeichnet werden können, laufend daran, auf den semi-autonomen Untereinheiten (Arbeiter) und ihren ebenfalls semi-autonomen Steuerungseinheiten (managerial class) Anwendungen zu installieren, die die autonomen Rechen- und Verhaltensprozesse entweder unterbinden oder in für das Gesamtsystem nutzbringende Bahnen lenken.
Dieses Bild von der kapitalistischen Gesellschaft als selbstregulierendem Produktionszusammenhang, der letztlich jedoch nicht den Interessen der Arbeiter, sondern denen des Kapitals dient, welches ihn besitzt und damit beherrscht, ließe sich beliebig erweitern. Es trifft im Kern die marxistische Gesellschaftsauffassung Althussers, auch wenn er selbst eine viel einfacherer räumliche Gebäude-Metapher wählt: Staat, Recht und Ideologie liegen als Stockwerke auf einem ökonomischen Fundament auf. Allerdings ist ihm selbst bewusst, dass es sich dabei bloß um eine Metapher handelt, eine „beschreibende“ Theorie (S.46). Um tiefer in die Erkenntnis der Gesellschaftsformation und insbesondere ihres ideologischen Überbaus vorzudringen, will er die Metapher nun „vom Standpunkt der Reproduktion“ aus betrachten (S. 47), also letztlich ausgehend von der Frage nach der Unterwerfung der Arbeiterklasse unter die herrschenden Verhältnisse: „Wir werden in aller Kürze von diesem Standpunkt aus das Recht, den Staat und die Ideologie analysieren.“ (S. 47)
Diesen Gedanken Althussers werden wir uns im nächsten Artikel widmen, zunächst jedoch eine Übersicht der bisher erarbeiteten marxistischen Begriffe:
Begriffe
Produktion und Reproduktion: Die zwei beliebtesten Wörter der Marxisten; sie bezeichnen im Wesentlichen den gesamtgesellschaftlichen Arbeitsprozess und die Aufrechterhaltung von dessen Grundlagen. Sie sind zu trennen von der Zirkulation, d.h. vom gesellschaftlichen Tauschprozess von Ware und Geld.
Kapital: Von Althusser bis jetzt nicht systematisch eingeführter Begriff. Bezeichnet bei Marx eine Summe Geld, die die Eigenschaft hat, zu mehr Geld zu werden, bzw. zu mehr Geld werden zu können. Dieser sog. Akkumulationsprozess des Kapitals stellt sich im Zins und im Handelsgewinn am unmittelbarsten dar, fußt laut Marx jedoch auf dem strukturellen Ausbeutungsverhältnis von Arbeiter und Kapitalist. Damit transzendiert das Kapital Produktion und Zirkulation.
Gesellschaftsformation: Gesamtheit der Produktions- und Herrschaftsverhältnisse einer bestimmten Gesellschaft zu einer bestimmten Zeit. Die herrschende Gesellschaftsformation, der Kapitalismus, zeichnet sich laut Marxisten aus durch die Konzentration der Produktionsmittel in den Händen der Kapitalistenklasse, sowie durch die Ausbeutung des Rests der Gesellschaft als Arbeiter. Als kapitalistische Produktionsweise wird typischerweise der von Marx theoretisierte und in sich paradoxe („dialektische“) Prozess bezeichnet, der die Kapitalakkumulation als Ausbeutung der Arbeiter durch den gerecht erscheinenden Tausch von Äquivalenten – Arbeitskraft gegen Lohn – organisiert.
Produktionsbedingungen: Faktoren, die für die kapitalistische Produktionsweise und damit schließlich zur Aufrechterhaltung der kapitalistischen Gesellschaftsformation notwendig sind. Die Gesellschaft muss sie folglich fortlaufend reproduzieren.
Produktionsmittel: Die Gesamtheit der von Marx auch „tote, vergangene Arbeit“ genannten Gerätschaften, Gebäude, Maschinen, Rohstoffe, Werkstoffe, etc. Als „konstantes Kapital“ bilden sie den Großteil des kapitalistischen Eigentums.
Produktivkräfte: Die menschliche Arbeitskraft in ihrer konkreten Anwendung. Es ist hier also nicht einfach die Rede von den 0,14 PS, die ein Erwachsener durchschnittlich körperlich aufbringen kann, sondern von den konkreten historischen Ausprügungen der Kopf- und Handarbeit. So ist die Arbeitskraft eines Bauingenieurs oder eines spezialisierten Mechanikers im marxistischen Jargon weiter „entfaltet“ als die eines angelernten Fließbandarbeiters. Als „variables Kapital“ bildet die Arbeitskraft, so der Kapitalist sie auf dem Arbeitsmarkt gekauft hat, seine menschliche Verfügungsmasse. Lassen sich etwa aus einer bestimmten Menge Leder nur eine bestimmte Menge Schuhe herstellen, kann eine bestimmte Menge Arbeiter je nach „Entfaltung“ ihrer Produktivkraft, sowie Intensität und Länge des Arbeitstages mehr oder weniger effektiv ausgebeutet werden.
Ideologie: Wird im Fortlauf detailliert erklärt. Zu diesem Zeitpunkt beschreibt Ideologie noch am besten die oben eingeführte Metapher der „Konsensprogramme“, also der auf den einzelnen gesellschaftlichen Sub-Robotern laufenden Programme, die eine subjektive Unterordnung unter den gesamtgesellschaftlichen Produktionsprozess bewirken. Auch der popkulturell geprägte Ausdruck „blaue Pille“ eignet sich zu diesem Zeitpunkt noch für das Verständnis.
Ist das schon der metapolitische Maschinensturm? So von wegen, Marxismus ist die Metapolitikmaschine, und wir stürmen sie?