Lektionen aus der Geschichte
Einer der frühsten Funke Artikel, der noch im Jahr 2011 verfasst wurde, wurde unlängst auf YT vertont. Grund genug ihn wieder abzudrucken. Die vehemente Kritik am NW, ist heute kaum mehr nachvollziehbar, da dieser keine Rolle mehr spielt. Der Leser soll selbst urteilen, ob es dennoch Aspekte des Textes gibt, die auch heute noch lehrreich sind.
Da wir in letzter Zeit einige Artikel zu Fragen der Metapolitik und politischen Strategie gebracht haben, wollen wir nun anhand einiger praktischer Beispiele, die Relevanz dieser Themen darstellen. Wir werden uns dabei, recht willkürlich, einige innenpolitische Machtkämpfe aus der Geschichte herausgreifen und näher analysieren. Dabei wollen wir, ungeachtet der politischen Inhalte, lediglich, Fragen der Taktik und Strategie erläutern. Dieses Mal führt uns dieses Anliegen ins Jahr 1931.
Wer hat uns verraten?
Es ist ein dunkler, kalter Abend im November und wir befinden uns in einem ebenso dunklen, aber gut beheizten Raum. Es ist schon spät aber am einfachen Schreibtisch brennt noch ein Licht, das die groben Züge eines Mannes im mittleren Alter erleuchtet. Er starrt auf den Packen Papier der vor ihm auf dem Tisch liegt, und von ihm, fieberhaft mit der Füllfeder bearbeitet wird. Es ist Ernst Thälmann, der große Vorsitzende der KPD. Heute Abend sind die Falten auf seiner fleischigen Stirn noch tiefer als sonst. Er schreibt an einer Rede. Sie muss gut werden, aufpeitschend, richtungsweisend und kraftvoll. Denn: Die Lage spitzt sich zu. Thälmann, der, als Chef der Partei, versuchen muss seinen Blickfeld über dem grellen Farbenspiel der heißen Straßenkämpfe und der fanatischen Propaganda zu halten, ist sich der aktuellen Kräfteverhältnisse bewusst. Zwar hat er es geschafft die Wählerzahlen der KPD auf 13,1% zu steigern, doch damit liegt sie immer noch weit hinter der NSDAP, die auf 18,3% hochgeschossen ist. Der Griff nach der politischen Macht durch die Nationalsozialisten steht unmittelbar bevor- das ist dem massigen Hamburger bewusst. Sollte Deutschland das verwehrt bleiben, was in Russland schon Gestalt annimmt? Soll sein Land, seine Partei, das Heimatland von Marx und Engels zurückbleiben, wenn überall auf der Erde das neue Zeitalter einbricht? Wofür sind Liebknecht und Luxenburg gestorben? Wütend hält er inne und reibt sich die Narbe über dem rechten Auge. “Alles die Schuld dieser verdammten Sozialdemokraten.” Ein alter Hass flammt in ihm hoch. Diese verfluchten Systembüttel und Demokraten, haben seit dem 1. Weltkrieg nichts getan als mit dem Zentrum zu paktieren, die proletarische Revolution zu verhindern, die Arbeiter abzuspeisen und aus der großen Vision von Marx den feigen Reformismus zu machen. Sie verstehen die weltpolitischen, großen Vorgänge nicht, mit ihrem beschränkten Bürokratenblick. Widerlich, wie sie sich von der “radikalen” KPD abgrenzen nur um die den Brocken von den fürstlichen Tafeln der Kapitalisten naschen zu dürfen. “Als nächstes paktieren sie wohl noch mit dem Hitler – niemals ein Bündnis mit denen“.Thälmann betrachtet den, eben zu Papier gebrachten Aufruf:
„Wir sagen den Arbeitern: der Faschismus beginnt nicht, wenn Hitler kommt, er hat längst begonnen. Wir sagen den Arbeitern, gegen eine zukünftige, noch offenere und skrupellosere Form der kapitalistischen Diktatur kann man nicht kämpfen, indem man heute den Kapitalismus schont, toleriert, unterstützt, sondern indem man in jeder Stunde den Hauptstoß gegen die tatsächliche Diktatur der Bourgeoisie und ihre entscheidenden Stützen richtet!“
Ernst Thälmann: Reden und Schriften, 1930–1933, Bd. 1, Köln 1975, S. 324–329,
Ja, das klingt gut, das ist Marxismus reinsten Wassers. Zufrieden streicht er über das Papier. Er war schon immer stolz auf seine Gabe, theoretische Zusammenhänge, einfasch und griffig darstellen zu können. Der Faschismus ist ja nur der Krisenmodus des Kapitals, indem es seine demokratische Maske fallen lässt. Alle, alle, Zentrum, NSDAP, SPD und der Rest sind Teil dieses kapitalistischen Systems, das einzige die KPD, zerschlagen will und wird. “Niemals”, schwört sich Thälmann und beißt die Zähne zusammen, “niemals werde ich eine Verwässerung der wissenschaftlichen Erkenntnis zulassen, die von den Vordenkern des Sozialismus erkämpft wurde“. Unter seiner Führung bleibt die KPD, radikal, weltanschaulich und marxistisch. Zufrieden denkt er an die Talheimer-Affäre. Dieser Lump und seine Spießgesellen, wollten doch tatsächlich eine Einheitsfront mit der verräterischen SPD. Einen Pakt mit dieser Systempartei! Niemals. Es war richtig sie aus der Partei zu werfen. Er schreibt weiter:
„Den Faschismus schlagen, das heißt die Arbeiterklasse aus den Banden der Sozialdemokratie und des Reformismus erlösen! Das ist es, was wir der deutschen Arbeiterklasse unermüdlich Tag für Tag, Stunde für Stunde einschärfen müssen!“
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Wie sonst soll denn sonst der Faschismus geschlagen werden, außer indem die KPD alle echten und wahren Sozialisten aus der Systempartei der SPD abzieht und mit ihnen der NSDAP entgegentritt? Denn wie soll eine linksfaschistische Systempartei, wie die SPD, gegen die rechtsfaschistische NSDAP kämpfen. Beide sind doch nur Marionetten desselben Puppenspielers: des Kapitals. Dieser Kapitalfaschismus beherrscht alles- außer die KPD. Die SPD versucht ihre Rolle darin nur mit dem großen Tamtam um die drohende Hitlerregierung zu verschleiern. Und sollte die kommen werden sie auch darin ein Plätzchen finden. “Diese Opportunisten!” Thälmann spuckt die Worte förmlich aus und ruft sich noch einmal den Satz Stalins ins Gedächtnis:
„Der Faschismus ist eine Kampforganisation der Bourgeoisie, die sich auf die aktive Unterstützung der Sozialdemokratie stützt. Die Sozialdemokratie ist objektiv der gemäßigte Flügel des Faschismus. […] Diese Organisationen schließen einander nicht aus, sondern ergänzen einander. Das sind keine Antipoden, sondern Zwillingsbrüder”
Stalin: Zur internationalen Lage; Werke, Band 6; S. 251–269, hier S. 253.
Zufrieden beschließt er seinen Text:
„Wenn die Kommunistische Partei den Hauptstoß ihres Kampfes gegen die verräterische sozialdemokratische Führerschaft, gegen die verräterische ADGB-Bürokratie richtet, so deshalb, weil dies der Weg ist, um die Macht des Proletariats im Klassenkampf gegen den Kapitalismus voll und siegreich in die Waagschale den Geschichte werfen zu können.“
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Noch im selben November wurde diese Rede von Ernst Thälmann, vor seinen begeisterten Anhängern, gehalten. Wenige Jahre ppäter waren sowohl die KPD als auch die SPD verboten und die NSDAP allein an der Macht.
Trotzkis Antwort
Der ultralinke Kampf der KPD gegen die SPD, stellte genau das Gegenteil der Taktik der NSDAP dar, die unter allen Umständen versuchte ideologische Grabenkämpfe in ihrere Front gegen den Bolschewismus zu vermeiden. Schon damals blieb Thälmanns puristischer Kurs nicht unkritisiert. Schon Trotzki hatte für Thälmanns, dogmatische Rden (die freilich von Moskau befördert worden waren) nur bitteren Tadel übrig. In seinem Brief “Wie wird der Nationalsozialismus geschlagen”, aus dem selben Jahr 1931, stellt er die Lage anders dar. Er glaubte, dass die NSDAP zwar schneller wachse als die KP, dass ihre Machtübernahme aber noch zu verhindern sei. Hier kritisierte er Thälmann, der die Machtergreifung des NS für unausweichliche hielt dafür, dass er nicht in der Lage war mit der SPD oder sogar dem Zentrum eine Front gegen den NS zu bilden. Trotzki wiederholte eindringlich, dass man, über ideologische Analysen hinweg, die bedrohlichste, akuteste Gefahr immer zuerst mit allen verfügabren Mitteln ausschalten müsse. Die Kommunisten dürften ihren notwendigen Kampf gegen den Reformismus der Sozialdemokraten jetzt nicht mit einer Einheitsfront gegen den NS vermischen oder an beiden Fronten gleichzeitig kämpfen. Eins soll nach dem anderen von statten gehen und das dringlichste zuerst erledigt werden. Trotzki erkennt klar die psychologische Schwäche der “Radikalinskis” in der KPD:
„Das Unglück besteht darin, daß es im Zentralkomitee der Kommunistischen Partei viele erschrockene Opportunisten gibt. Sie haben gehört, daß der Opportunismus sich in der Vorliebe für Bündnisse zeigt, darum sind sie gegen Blocks. Sie begreifen nicht den Unterschied zwischen, sagen wir, parlamentarischen Abkommen und einer — selbst noch so bescheidenen — Kampfvereinbarung für einen Streik oder Schutz von Arbeiterdruckereien vor faschistischen Banden.“
Brief an einen deutschen Arbeiter-Kommunisten, Mitglied der KPD 8. Dezember 1931
Dieser Artikel wurde um die Jahreswende 1931/32 als Broschüre der Linken Opposition der KPD (Bolschewiki-Leninisten) veröffentlicht. Auszüge daraus erschienen in der Nr. 1 vom 1. Januar 1932 von deren halbmonatlich erscheinenden Zeitschrift Permanente Revolution
Im Folgenden trifft er eine wichtige Unterscheidung zwischen parlamentarischen Bündnissen und Aktionsbündnissen. Während erstere eine revolutionäre Kraft immer einlulluen und schwächen würden, kann sie in zweiteren, auftrumpfen und sich zum Führer der parlamentarisch verwachsenen Gesinnungsgenossen machen. Während Thälmanns Rede von Hass und Wut über den jahrzehntelangen “Verrat” der Sozialdemokratie strotzt, jedes Bündnis komplett ausschließt und allein als KPD den Kampf gegen die NSDAP gewinnen will, plädiert Trotzki für ein undogmatisches, rein praktisches Aktionsbündnis, indem die KPD durch Taten glänzen soll. Thälmann will alle Arbeiter von der SPD abziehen, in der KPD sammeln und quasi in einem Aufwasch, diese Partei übernehmen und zugleich den NS verhindern. Diesen strategischen Bankrott, verpackt er in zahlreichen Phrasen, die der Mottenkiste der marxistischen Erlösungsideologie entnommen sind. Die “geschichtliche Aufgabe”, “historische Notwendigkeit”, “das neue Zeitalter”, usw. Während er sich die Berge der pathetischen Phrasen auftürmt stolpert er über den Maulwurfshügel der Pragmatik.
Was können wir daraus lernen?
Wir wir unseren erlesenen Leserkreis kennen, wird jeder bereits schmunzelnd die frappanten Ähnlichkeiten von Thälmanns Fehleinschätzungen mit Ansichten und Meinungen im außerparlamentarischen rechten Lager erkannt haben. Wir wollen sie, der Form halber, noch einmal zusamenfassen.
a) “Gegen das System”
Thälmann vertrat die These des “Sozialfaschismus”. Nach dieser focht die KPD als einzige Streiterin für Kommunismus und Menschenrecht einen hehren Kampf gegen den faschistischen Moloch, dem alle Parteien, von rechts bis links, nur als Charaktermasken dienten. Das System ist absolut böse. Man selbst ist absolut gut. Je stärker man vom System bekämpft wird, desto reiner ist man. Jeder Kompromiss kompromittiert und korrumpiert. Die starke antibolschewistische Agitation vieler Medien, die damals tatsächclih den Konsens weiter Bevölkerungsteile widerspiegelte, zementierte diese Selbstbetrachtung als “einsamer Streiter für das Recht”. Man hielt die “reine Lehre” des Marxismus hoch und vergewisserte sich durch Ausschluss und Abgrenzung über deren Reinhaltung. Man bentonte oft sogar die, für den Bürger besonders abstoßenden, Passagen dieser Lehre, um sich in deren Entsetzen, genüßlich als besonders radikal und systemfremd erkennen zu können. Jeder Versuch sich an die herrschende, politische und mediale Biosphäre des “Systems” anzupassen wurde als Verrat angesehen, in Auftreten und Agitation bestätigte man seine Rolle als “Outcast”. Mit einem Pathos der „winzigen Differenz“, wurde gerade die inhaltlich verwandte Sozialdemokratie als ärgster Feind bekämpft. Diese machte mit “dem System” gemeinsame Sache, gab aber sozialistisch-marxistische Ziele vor und grub damit das eigene rebellische Potential ab. Diese Abrenzung vom System, seine kollektive Verteufelung und die rein weltanschauliche Sicht der Dinge, machte es der KPD unmöglich, als führende Gruppe einer Einheitsfront gegen den NS zu reussieren. Sie trieb mögliche Verbündete durch ihren Radikalismus eher in die Arme des Zentrums und vertiefte mit ihrem Herumreiten auf ideologischen Analysen, den Graben zur SPD.
Auch die verbliebenen Kreise des NW sind stark von diesem Denken beinflusst. Ihnen gilt alles als hassenswert und verseucht, was “im System” ist. Ein extremer Hang zur Verschwörungstheorie befeuert diesen Wahn noch. Das System selbst “ist der Fehler”, “muss weg”, usw. Man kann und darf nicht in ihm arbeiten, sondern muss militant und frei bleiben — und vor allem anderen die “reine Lehre” der Weltanschauung erhalten. Man liebt es die “Bunzelbürger” zu verschrecken. Teilweise scheint man die Schauer des Abscheus zu genießen, die man beim Bürger hervorruft. Die scheinbare mit scheinbar naiv-idealistische Agitation, kalkuliert bereits mit der totalen Ablehnung, die man psychologisch in Bestätigung transformiert. Wenn man Parolen wie “Dein Volk stirbt”, “Die Demokraten bringen uns den Volkstod”, “Gegen System und Kapital” auf der Lippe führt ist die Reaktion derer, die man “aufwecken” will, schon vorprogrammiert. Der Aufruf an die Bürger sich in die jeweilige Demo “einzureihen” ist so lächerlich illusorisch, dass er schon wieder traurig ist. Er verhallt wirkungslos im Kameradenghetto. Solange der Einstieg in den NW, den totalen Ausstieg aus dem gewöhnlichen Leben bedeutet, wird er eine marginale Strömung bleiben. Der “Widerstand” auf diese Art und in diesem Rahmen ist nur eine Selbstbestätigung der eigenen “Outcast- Rolle“, mit der man sich abgefunden hat. Er bestätigt dem notorischen Systemgegner, seine weltanschaulichen Güte. Denn was die “Republik der Strolche” bekämpft muss automatisch gut und was von ihr mit Repression verfolgt wird, muss für sie gefährlich sein. Man will die Schwelle zum Bewusstsein, der Massenbevölkerung gar nicht mehr überwinden, weil man am Torwächter, der herrschenden kulturellen Hegemonie nicht vorbei will. Man will ihn in der „offenen Feldschlacht schlagen. Dieser tritt aber selbstverständlich nicht aus seiner komfortablen Stellung heraus, befinden sich doch alle relevanten Institutionen, Geld und Machtmittel in seinem Bestutz Die Bewusstseinsschwelle der Bevölkerung wird als “Schwelle zum System” missverstanden, in das man nicht eintreten will. Man müsste die “Reinheit” der eigenen Dogmen hinter sich, den heimligen Szene-Schützengraben des erfolglosen Belagerers verlassen, und einen Fuß in “das System” setzen. Eine Übung die ein Hinterfragen der historischen Dogmen und eine mühselige, langwierige Arbeit in Legalität und echter Organisation erfordern würde.
b) Ressentiment statt Taktik
Thälmann lässt Trotzkis taktisches Verständnis vermissen, wenn er die ideologische Erbfeindschaft zur SPD über die Notwendigkeit des Aktionsbündnisses stellt. Dass eine akut existenzbedrohende Gefahr, vor dem inneren “ideologischen Hauptfeind” bekämpft werden muss, versteht sich von selbst. Doch auch in NW-Kreisen lässt man sich nur zu gern von emotionalen Lieblingsfeindschaften leiten, die erstens wenig bis gar nichts mit echter (identitärer) Weltanschauung zu tun haben und darüber hinaus heute völlig belanglos sind. Ein Volk hat keine ewigen Feinde, sondern ewige Interessen! “Rache” und “Vergeltung” sind schlechte Ratgeber in Fragen der Taktik und Strategie. Die Emotion, soll das innere Feuer sein, das antreibt und die Kraft zur kühl kalkulierten Tat gibt. Gerade das Verhältnis des NWs zu rechtspopulistischen Kräften, ist allzu oft von diesem emotionalen “Verräter-Ressentiment” geprägt. Wer “im System” ist und noch nicht auf der schwarzen Liste des VS steht ist “gekauft” . Oft werden gerade etablierte Rechte Parteien und Personen mit größerem Hass bedacht als der politische Gegner selbst. Man imaginiert sich in Wahngebilde hinein, wonach beim Zerfall dieser oder jener Partei der “freie Widerstand” wie von Zauberhand gestärkt werden würden. Sowohl die außerparlamentarische Kräfte als auch die rechten Parteien, dümpeln noch unter ferner liefen vor sich hin. Das ist kein Zeitpunkt für ressentimentgeladene Grabenkämpfe, sondern für taktische Zusamenarbeit. Die mögliche Tendenz rechtspopulistischer Kräfte, einen rein opportunistischen, westlich-atlantischen Weg einzuschlagen und jede Weltanschauung zu fürchten wie der Teufel das Weihwasser, wird durch den hasserfüllten Pathos und das pseudomilitante Getöse in ihre Richtung seitens freier Kräfte gerade befördert, nicht verhindert.
c) Weltanschaulicher Pathos als Strategieersatz
Thälmanns Sozialfaschismusthese entspricht durchaus der marxistischen Ideologie: der kapitalistische Staat als „Klassenstaat“ und muss vernichtet werden. Jede Organisation, jede Hierarchie, jeder Kampf lässt sich im Rahmen des Marxismus nur rechtfertigen, wenn das Endziel, die Umwerfung aller kapitalistischen Verhältnisse und die “befreite Gesellschaft” ist, in der dieser Klassenstaat verschwinden soll. Wenn die Sozialdemokratie bloß eine Reform des herrschenden Systems will, und dessen Zerschlagung auf „irgendwan bis niemals” verschiebt, wird sie zum Gegner des Marxismus. Sie gräbt ihm das Potential ab, indem sie die Unzufriedenheit der Arbeiter mit Reformen dämpft. Sie raubt ihm die Themen, indem sie sich diese, heuchlerisch, selbst an die Fahne heftet, jedoch nicht konsequent verfolgt. Nach der marxistischen Ideologie wäre die Sozialdemokratie dann zu zerschlagen, oder mittels Entrismus zu unterwandern. Dass man jedoch diese taktischen Ziele im nicht permanent, emotional ausplaudern sollte, wie das Thälmann im ideologischen Furor macht, ist ein Gebot der Strategie. Dass er damit eine dezitiert antimarxistisches Haltung der Sozialdemokratie womöglich erst hervorrief, und Unterstützer des Marxismus in der Partei verschreckte, blieb ihm verborgen. Diese Mängel macht er mit einem echt hegelianischen Glauben an die “Wahrheit und historische Notwendigkeit” der eigenen Mission wett. Der Weltgeist wirds schon richten, solange man nur treu und fest bei der reinen Lehre bleibt. Im NW ist es um das Verhältnis von Strategie und Weltanschauung ähnlich schlecht bestellt wie damals in der KPD. In rechten Kreisen herrscht zumeist leider ein dogmatischer, “weltanschaulicher Stillstand” vor (der sich dafür umso verzweifelter bemüht sich äußerlich bunt und “hip” zu gestalten). Es ist kein Wunder, dass es bei der strategischen Umsetzung dieses dogmatischen Konglogmerats ebenso hapert. Meist beläuft sich die NW-Strategie auf eine lächerliche Pseudomilitanz, die in ihren Parolen oft, eine quasi bolschewistische “Umwerfung aller Verhältnisse”, einen Kampf gegen “das System an sich” auf die Tagesordnung hebt. (Das geht Hand in Hand mit den leidigen Tag-X Phantasien) Nichts liegt patriotischen, nationalen, konservativen und traditionalen Ideen ferner. Es geht um die Wiederherstellung einer echten Ordnung, keine ewige Revolution als Selbstzweck. Wenn man das so sieht sollte man das auch so kommunizieren und sich nicht in die Rolle des Revoluzzers und Outcast verlieben. Eine versteifte Weltanschauung voll historischem Ballast verknüpft mit einem strategischen Bankrott, stellen das doppelte Versagen dieses Lagers dar.
Notwendig wäre es im Zuge einer identitären Kehre, die eigenen Ansichten zu hinterfragen, die eigene Rolle und Position im politischen Gefüge der BRD zu erkennen und dann diesen neuen Ansatz in einer pragmatischen, echten Strategie zu verfolgen. Ohne hier näher auf dieses Thema einzugehen, müssen wir konstatieren, dass viele Rechte sich stattdessen ebenso in das “Naturgesetz”, oder die Notwendigkeit eines “Tag-X” an dem der “Volkszorn” erwacht, flüchten und damit weltanschaulichen Pathos über die Strategie stellen.
Fazit
Wenn auch die historische Lage, und selbstverständlich das angestrebte Ziel völlig verschieden sind – es gibt frappante Ähnlichkeiten, zwischen der Haltung der KPD und derer vieler Gruppen des NW. Es sind die Reflexe und weltanschaulich-strategischen Verfallserscheinungen einer Gruppe, die sich in eine Totalopposition zu den herrschenden Verhältnissen begiebt und daran verkümmert. Es ist das Abfeiern der eigenen Isolation und der ideologische Grabenkampf gegen die eigenen Gesinnungsgenossen “im System”. Das weltanschauliche Pathos wird über jede strategische Frage gestellt. Das ist die ideale Brutstätte für absurde Verschwörungstheorien, apokalyptische Hoffnungen und Terrorwahn. Auch abseits von der Notwendigkeit, das dogmatische Kongolmerat des “Nationalen Sozialismus”, kritisch zu Hinterfragen und am identitären Imperativ, dem Erhalt unserer ehtnokulturellen Substanz, zu messen, sind diese strategischen und taktischen Gesetzmäßigkeiten unhintergehbar.
Wenn man Avantgarde sein will muss man im “System”, im metapolitischen Raum sein, sonst ist man nicht Vorhut, sondern ein Haufen Idioten der durch die “systemferne” Wildnis hirscht und jeden Kontakt zum Haupttross verloren hat.
Der erste Schritt in die richtige Richtung wäre es, den Mythos vom “System” aufzugeben und die herrschenden Verhältnisse in ihrer Heterogenität und neue rechte Strömungen, wie etwa die Islamkritik, in ihrer identitären Bedeutung zu verstehen. Unser Kampf gilt nicht dem Staat, der Polizei, der Ordnung an sich, sondern der Hegemonie, internationalistischer, universalistischer Ideologien. Er muss also auf theoretischer, weltanschaulicher Ebene, eisern, ohne pathetische Verblendung und verstaubte Nostalgie, auf politischer Ebene aber im Rahmen der herrschenden Verhältnisse ablaufen. Eine parteipolitische Massenbewegung muss Hand in Hand mit einer metapolitischen, identitären Reconquista von statten gehen, die zu ihrem Erfolg, eine Einigung ALLER, konservativen, patriotischen, traditionalen und natioalen Kräfte benötigt. Alles andere führt zum pseudomilitanten, Scheinwiderstand, der sich gelegentlich in terroristischen Zuckungen entläd, oder zum weltanschauungslosen Opportunismus der Rechtspopulisten, welcher der Schwerkraft westlich, universalistischer Doktrine folgt. Dieses fruchtbare Zusammenarbeiten von Partei und metapolitischer Kraft, die Grüne und Linke seit Jahrzehnten praktizieren, muss die rechten Zusammenhänge in Deutschland neu formieren. Auch nationale Kräfte müssten darin einen Weg finden, der sie aus ihrer schauerlichen strategischen Verrenkungen zwischen Szene, (verbaler) Militanz, Kulturverein und Infokrieg führt. Vorraussetzung dafür ist eine Besinnung auf die wahre Substanz einer rechten Weltanschauung.